Diese Farbe wird Mädchen buchstäblich in die Wiege gelegt. Völlig selbstverständlich verbinden wir Rosa mit dem weiblichen Geschlecht. Warum eigentlich? Es gab Zeiten, da war Rosa Jungen vorbehalten – und Mädchen trugen Hellblau.
Oft genügt ein Blick in den Kinderwagen und schon ist das Geschlecht des Babys klar. Strampelanzug, Schühchen oder sogar Kinderwagen in Rosa demonstrieren: Ich bin ein Mädchen. Auch später im Leben bleibt Rosa die Farbe unschuldiger, harmloser Femininität, während das intensivere Pink für ein selbstbewussteres, aber ebenso eindeutiges Frausein steht. Was uns heute fast selbstverständlich erscheint, war früher genau umgekehrt. Es gab Zeiten, da galt Rosa als ausgesprochene Jungenfarbe, während kleine Mädchen Hellblau trugen.
Es ist ein vergleichsweise junges Phänomen, dass das Geschlecht kleiner Kinder auf den ersten Blick erkennbar sein muss. In früheren Epochen trugen Jungen wie Mädchen Weiß. Das hatte wenig mit kindlicher Unschuld zu tun, sondern war vor allem praktischen Überlegungen geschuldet. Kinder handeln sich gern hartnäckige Flecken ein und über Jahrhunderte hinweg konnte nur ungefärbte Baumwolle gekocht werden. Die Geschlechterneutralität bei der Bekleidung ging so weit, dass Jungen bis sechs Jahren gern in Kleider gesteckt wurden – was sich heute noch in den Taufkleidchen widerspiegelt.
Weiße Kleidchen für kleine Jungen
Etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichte es der technische Fortschritt, Textilien kostengünstig und dauerhaft einzufärben. Pastelltöne erfreuten sich zunehmender Beliebtheit bei Babybekleidung, Rosa und Hellblau schälten sich als die Favoriten heraus. Zumindest in den USA aber war es zwischen den Weltkriegen durchaus Sitte und Ausdruck guten Geschmacks, ein männliches Baby in Rosa und ein Mädchen in Hellblau zu kleiden.
Bei genauerer Überlegung ergibt diese Farbgebung Sinn. Rosa ist ein abgeschwächtes Rot, das für Vitalität und Kraft steht und damit als eher männlich interpretiert werden könnte. Blau hingegen ist in der christlichen Ikonografie die Farbe der Muttergottes Maria. Allerdings setzte sich das maritime und gegen Schmutz recht unempfindliche Blau zunehmend als Männerfarbe durch: Erst Matrosenanzüge, später auch Blaumänner oder Blue Jeans besetzten die Farbe immer stärker als maskulinen Ton. Zudem wurde es Anfang des 20. Jahrhunderts populär, kleine Jungen in Matrosenanzüge zu kleiden – sodass für Mädchen zwangsläufig Rosa übrig blieb.
Eine First Lady gibt den Ton an
In den 1940er-Jahren schließlich zementierte sich das noch heute gebräuchliche Farbmuster. Die Ursache war ganz profan und kapitalistisch: Hersteller und Verkäufer von Kinderbekleidung interpretierten bei der Massenherstellung von Waren die Präferenzen der Kundschaft und halfen so mit, die Waagschale zugunsten von Pink für Mädchen zu senken. „Es hätte auch andersrum ausgehen können“, sagte die Historikerin Jo B. Paoletti, Autorin des Buchs „Pink and Blue: Telling the Girls from the Boys in America“, dem „Smithsonian Magazine„.
Dass Rosa auch jenseits des Kinderzimmers zum Symbol der Weiblichkeit wurde, daran hatte neben Hollywoodstars wie Jayne Mansfield und Marilyn Monroe auch eine Präsidentengattin ihren Anteil. Mami Eisenhower, Ehefrau von Dwight D. „Ike“ Eisenhower, liebte nämlich diese Farbe und erschien zum Amtseinführungsball 1953 in einer puderrosa Robe. Eben dieser Farbton wurde als „First Lady Pink“ zu einer der beliebtesten Farben der 50er-Jahre.
Die First Lady ging beim Ausstaffieren des Weißen Hauses so weit, dass es von Personal und Pressevertretern den Spitznamen „The Pink Palace“ erhielt – selbst das Badezimmer und der Kopfteil des Bettes vom mächtigsten Mann der Welt waren rosa. Viele Hausfrauen eiferten der First Lady nach. Der Einrichtungstrend verbreitete sich fast zwangsläufig von Washington, D.C. in alle Welt. Viele US-Botschaften dekorierten nämlich jeweils ein Schlafzimmer rosa, um für einen möglichen Besuch des Präsidentenpaares vorbereitet zu sein.
Von Barbie bis Elsa
Barbie tat dann ein Übriges. Ihr Karton war nach der Einführung 1959 im „First Lady Pink“ gehalten und wurde erst später zu der heute gebräuchlichen, knalligen Schattierung. Von Generation zu Generation erschien die Geschlechter-Farbenlehre als immer selbstverständlicher. In den wilden 60ern und im Zuge der Emanzipation bekam Rosa vorübergehend einen schlechten Ruf und galt als Symbol der Unterdrückung und Infantilisierung von Frauen. Gegen die „Marke Rosa“ kommt aber niemand mehr an, kaum eine andere Farbe ist derart mit einem bestimmten Attribut verbunden.
Gerade die starke Assoziation von Rosa und Hellblau erlaubt es, die Farben symbolträchtig einzusetzen. Das blaue Kleid der „Eiskönigin“ Elsa im Disney-Film passt nicht nur zu ihrem Eispalast – die Farbe unterstreicht auch die Botschaft, dass diese Prinzessin kein kleines Mädchen mehr ist. Die Emanzipationshymne „Let It Go“, geschmettert in einem rosa Kleid? So weit ist die (farbliche) Gleichberechtigung dann doch noch nicht.
Quelle: n-tv.de
Bilder: Pixabay
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