Selbst jene, die Darren Aronofskys neuen Film lächerlich finden, sollten dem Regisseur dankbar sein. „The Fountain“ ist einer jener viel zu seltenen Filme, die der Zuschauer entweder verabscheut oder aber in die Liste seiner Lieblingswerke aufnimmt.
Seit Jahren haben Filmfans sehnsüchtig auf das dritte Werk des New Yorkers gewartet, der 1998 mit der radikalen Zahlenmystik „Pi“ die Branche elektrisiert hatte. „The Fountain“ hingegen erntete bei der Uraufführung Buh-Rufe und ging an den US-Kinokassen unter. Gefällig war Aronofsky zwar noch nie – mit „The Fountain“ geht er jedoch ein Wagnis ein, das vermutlich nur für eine Minderheit von Kinogängern als Meisterwerk enden wird.
Im Kern kreist „The Fountain“ auf drei Ebenen um dieselbe Geschichte: Einen Mann (Hugh Jackman), der die geliebte Frau (Oscar-Preisträgerin Rachel Weisz) vor dem Tod zu retten sucht. Zu Beginn reist ein spanischer Krieger im Auftrag seiner von der Inquisition bedrohten Königin ins Reich der Maya, um den Baum des ewigen Lebens zu finden.
In der Gegenwart ist ein Mediziner verzweifelt auf der Suche nach einem Heilmittel für seine an Krebs erkrankte Frau. Ein mysteriöser Rindenextrakt scheint die Rettung zu bringen.
Und dann wäre da der dritte Handlungsstrang, der über Wohl und Wehe des Films beim Zuschauer entscheidet. Inmitten einer durchsichtigen Blase schweben ein kahlköpfiger Mann und ein Baum ohne Blätter durch das Universum – einem golden leuchtenden, sterbenden Stern entgegen, der durch seine Explosion neue Himmelskörper gebären wird.
Nach dem Erfolg seines Drogendramas „Requiem for a Dream“, mit dem er 1999 einen cineastischen Fausthieb in der Magengrube des Zuschauers landete, schien Aronofsky Karrieregang vorgezeichnet. Sein nächstes Projekt war dem Studio 70 Millionen Dollar wert, Hollywood-Schwergewicht Brad Pitt sollte an der Seite von Cate Blanchett die Hauptrolle übernehmen. Künstlerische Differenzen führten schließlich zum Ausstieg Pitts, „The Fountain“ schien auf immer versiegt.
Nach sechs Jahren, einem etwa halbierten Budget und zwei weniger exponierten Hauptdarstellern – Aronofskys Verlobter Weisz („Der ewige Gärtner“) und einem endlich voll geforderten Jackman („X-Men“) – hat der Regisseur nun sein Ziel erreicht. Kompromisse ist er auf dem Weg dorthin nicht eingegangen.
Zugegeben, ein ums andere Mal schlägt Aronofsky bei seinem ironiefreien Werk über die Stränge. Und dass das Studio den Film als Geschichte eines Zeitreisenden verkauft, führt den Zuschauer womöglich auf eine falsche Fährte.
Wer sich Aronofsky dennoch hingeben mag und dabei buchstäblich die Regeln von Raum und Zeit über Bord wirft, erlebt ein Kino, in dem Gefühl über Ratio siegt, ein radikal-emotionales Gesamtkunstwerk aus Musik (Clint Mansell, Kronos Quartett) und Bildern voll elegischer Schönheit, das seine Botschaft weniger seziert denn transzendiert. In der heutigen Zeit ist dies vielleicht die radikalste Form der Provokation im Kino.
(„The Fountain“, USA 2006, 96 Minuten, FSK: 12, Regie: Darren Aronofsky, Darsteller: Hugh Jackman, Rachel Weisz, Ellen Burstyn u.a.)
Kinostart: 18. Januar 2007
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