Desorientiert, vollgepumpt mit Drogen, nur mit einem Kittelchen bekleidet in einem fensterlosen Raum, und dann noch Laurence Fishburne in einem Raumfahrtanzug – das sieht nicht gut aus. Das müssen auch Nic und seine Freunde feststellen.
Schon vor der Begegnung mit dem mysteriösen Anzug-Mann war Nic (Brenton Thwaites) nicht gerade bester Laune. Seine Freundin Haley (Olivia Cooke, „Bates Motel“) zieht weit weg nach Kalifornien, gerade sind er und sein bester Freund Jonah (Beau Knapp) mit ihr auf einem Umzugs-Roadtrip durch den Südwesten der USA. Aufgrund einer Krankheit geht der sonst so sportliche Computer-Spezialist an Krücken, die Prognose sieht nicht gut aus. Dann aber hellt sich Nics Stimmung auf, als er die Witterung des mysteriösen Hackers Nomad aufnimmt. Der hatte den Server der Tech-Kaderschmiede MIT geentert und damit das Ehrgefühl der Studenten Nic und Jonah verletzt.
Die Jagd nach Nomad soll nur ein kleiner Umweg auf der Reise werden und führt das Trio zu einer verlassenen Hütte im Nirgendwo. Allerhand gruseliges Zeug geschieht und bevor er sich’s versieht, wacht Nic in einem völlig isolierten Forschungskomplex auf. Dort wird er von einem mysteriösen Doktor (Fishburne) darüber aufgeklärt, dass er und seine Freunde eine Begegnung der ganz besonderen Art hatten, die ihr Leben für immer verändern wird. Doch zunehmend kommen Nic Zweifel daran, dass der Mann mit der sanften Stimme wirklich nur das Beste für ihn will – und das nicht nur, weil der Student plötzlich an Stelle seiner Beine über zwei hyper-futuristische Laufprothesen verfügt.
Visuell beeindruckend
Regisseur und Drehbuchautor William Eubank liefert mit „The Signal“ seine zweite Regiearbeit nach „Love“ ab und konnte damit Uraufführung beim Sundance Festival feiern. Der Kalifornier hat seine Karriere als Kameramann begonnen und viele Jahre für den Kamerahersteller Panavision gearbeitet. Daher legt er besonders großen Wert auf die visuelle Seite seiner Arbeit und die ist bei „The Signal“ gerade beim Showdown wirklich beeindruckend – wenn auch die visuelle Wucht der in extremer Zeitlupe gedrehten Kampfszenen angesichts des vorherigen Erscheinungsbilds des Films etwas abrupt und überraschend kommt. Der Film profitiert auch von der Expertise von Cutter Brian Berdan, der mit David Lynch („Blue Velvet“, „Twin Peaks“) und Oliver Stone („Natural Born Killers“, „Nixon“) gearbeitet hat.
Inhaltlich hingegen hinkt „The Signal“ da arg hinterher. Vergleiche des Filmverleihs zu früheren Sci-Fi/Low-Budget-Erfolgen wie „District 9“ und „Moon“ sind leider allzu schmeichlerisch. Eubank gelingt es, eine interessante Mysterienblase aufzupumpen, die mit einem Riesen-Twist am Ende platzt und dann aber leider eher ein mattes „Wie jetzt?“ als ein bombastisches „WHOA!“ produziert. Auf dem Papier sah das sicher alles episch und clever aus, auf der Leinwand wird es eher zu einem Ich-erschlag-euch-mit-einer-Hammer-Auflösung-die-aber-ohne-anschließende-Trilogie bloße Anekdote bleibt.
Gutes Händchen beim Casting
„The Signal“ ist aber erst Eubanks zweite Regiearbeit und es spricht einiges dafür, dass hier ein Regisseur am Werden ist, von dem künftig viel zu erwarten sein könnte. So hat der 31-Jährige neben seinen visuellen Instinkten ein sehr gutes Händchen bei der Wahl seiner Schauspieler. Hauptdarsteller Brenton Thwaites mag man zunächst in die „hübsch harmlos“-Schublade stecken, bis er glücklicherweise mit überraschender Intensität zu überzeugen versteht.
Möglich, dass sich Eubank den Schauspieler geschnappt hat, bevor dieser unerschwinglich wurde, denn Thwaites steht vor einer steilen Karriere in Hollywood. Nachdem er sich in seiner australischen Heimat seine Sporen in Teenie-Serien und Soap Operas verdient und ein TV-Schmankerl namens „Blue Lagoon: Rettungslos verliebt“ überlebt hat, war er kürzlich als Prinz Phillip mit Angelina Jolie in „Maleficent – Die dunkle Fee“ zu sehen. Im September kommt Thwaites in der Hauptrolle in „Hüter der Erinnerung – The Giver“ mit Meryl Streep und Jeff Bridges in die Kinos.
Morpheus Fishburne oder was?
Vor allem aber ist da natürlich der Casting-Coup in Gestalt von Laurence Fishburne. Manch ein Zuschauer mag auch heute noch kurz zusammenzucken, wenn der Schauspieler ohne Sonnenbrille und schwarzen Ledermantel auf der Leinwand erscheint. Statt seines Morpheus-Outfits steckt Fishburne hier zwar in einem klobigen Schutzanzug, der nur sein Gesicht frei lässt. Viele andere Schauspieler würden in so einem Kostüm untergehen. Fishburne hingegen verfügt über ein derartiges Maß an Autorität und Ausstrahlung, dass der Anzug bei der Darstellung seiner Figur weniger Hindernis denn hilfreiches Werkzeug wird.
Es ist sympathisch, dass Fishburne noch Low-Budget-Filme wie „The Signal“ dreht, über zu wenig Arbeit kann er sich nicht beschweren. Zuletzt hatte Fishburne in einer abartig gut aussehenden Mischung aus Krimiserie, Torture Porn und Kochshow namens „Hannibal“ ziemlich erfolglos versucht, den glorifiziertesten Kannibalen der Unterhaltungsgeschichte das Handwerk zu legen. Derzeit steht der 52-Jährige als „Daily Planet“-Herausgeber Perry White in „Batman v Superman: Dawn of Justice“ mit Ben Affleck als Bruce Wayne vor der Kamera.
„The Signal“ startet am 10. Juli in den deutschen Kinos.
Quelle:n-tv.de
(Bilder: Capelight Pictures)
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