In den 1990er-Jahren war er “Der mit dem Wolf tanzt” und einer der größten Stars in Hollywood. Nun will es Kevin Costner noch einmal wissen. Völlig glatt verläuft sein Comeback aber nicht. Doch er ist ein Kämpfer, wie in “3 Days To Kill”.
Da hat ihm Johnny Depp so richtig schön die Tour vermasselt. Die Premiere von „3 Days to Kill“ in Los Angeles sollte eigentlich Kevin Costners Abend werden. Der Superstar des 90er-Jahre meldet sich mit der ersten Hauptrolle seit Langem auf der Leinwand zurück und will Liam Neeson den Ehrentitel des Silberrücken-Actionhelden streitig machen. Dann aber redete alle Welt doch nur von Costners frisch verlobter Kollegin Amber Heard, die auf dem roten Teppich heftig mit ihrem künftigen Gatten Johnny Depp turtelte. Ein böses Omen für Costners Comeback?
Im Januar 2015 feiert der zweifache Oscar-Preisträger seinen 60. Geburtstag. In einem Alter, in dem Normalsterbliche womöglich über Frühverrentung sinnieren, will es der Schauspieler und Regisseur noch mal wissen. Seine Rückkehr auf die Leinwand scheint klug geplant zu sein: Zunächst hatte sich Costner in wichtigen Nebenrollen als väterlicher Mentor in „Man of Steel“ und „Jack Ryan: Shadow Recruit“ allmählich ins Gedächtnis der Kinogänger zurückgerufen. In „3 Days to Kill“, der am 8. Mai 2014 in Deutschland anläuft, dreht sich nun alles um Costner.
Er spielt den sterbenskranken CIA-Agenten Ethan Renner, den nur eine experimentelle Droge retten kann. Die wird von der mysteriösen Vivi (Heard) aber erst rausgerückt, wenn Renner einen Top-Terroristen umbringt. Die folgende Baller-Orgie durch Paris wird nicht unerheblich dadurch erschwert, dass Renner gerade seine von Hailee Steinfeld („True Grit“) gespielte Teenager-Tochter hütet, die auf den früheren Workaholic nicht besonders gut zu sprechen ist. Und so nötigt der Haudrauf-Dad schon mal eine italienische Geisel dazu, dem ahnungslosen Töchterchen per Handy ein leckeres Nudelsoßen-Rezept zu verraten.
Liam Neeson als Blaupause
Nicht zufällig erinnert das Ganze an die „96 Stunden“-Reihe, denn auch bei „3 Days to Kill“ hat der französische Filmemacher Luc Besson („Léon – Der Profi“) seine Finger im Spiel. Er hatte Liam Neeson überraschend zum angegrauten Actionhelden mit generationenübergreifendem Appeal gemacht. Ältere Herren wollten sein wie er, Mütter sich mit ihm vergnügen und Jugendliche ihn als coolen Vater haben. Ein wertvolles Kapital in Zeiten des demografischen Wandels. Der Erfolgsproduzent Besson traut Costner offenbar zu, in Neesons Fußstapfen zu treten. Warum auch nicht: Der Kalifornier hat in seiner über 30-jährigen Karriere bewiesen, dass er Action, Komik und ganz große Gefühle kann – am besten alles im selben Film.
Der Sohn eines Elektrikers und einer Sozialarbeiterin hatte zunächst Marketing studiert und erst im letzten Jahr an der Uni angefangen, Schauspielunterricht zu nehmen. Selbst seiner frisch angetrauten Braut war es aber nicht klar, wie ernst es ihm mit der Schauspielerei war, als sie von der Hochzeitsreise kommend im Flugzeug Richard Burton trafen. Costner nahm allen Mut zusammen, sprach den Star an und fragte ihn nach Rat. Burton wünschte ihm viel Glück. „In gewisser Weise hatte ich seinetwegen eine Karriere im Film“, sagte Costner später dem Filmkritiker Roger Ebert. Seine Szenen in „Der große Frust“ (1983) von Lawrence Kasdan wurden zwar noch rausgeschnitten, der Regisseur verhalf Costner aber zwei Jahre später mit dem Western „Silverado“ zum Durchbruch.
Womöglich war es kein Zufall, dass Costners Karriere gerade mit diesem Genre so richtig begann. Er mag zwar im kalifornischen Compton aufgewachsen sein, der Heimat von Rap-Größen wie Dr. Dre, Ice Cube oder Kendrick Lamar. Im Herzen aber war er schon früh ein Cowboy. Mit sieben Jahren hatte er das mehrstündige Epos „Das war der Wilde Westen“ mit James Stewart gesehen. „Das war das Leben, das ich wollte“, erinnerte sich Costner später. Auch formal prägte ihn der frühe Kinobesuch. Die Filmstudios würden ihn immer drängen, seine Filme zu kürzen. Er sei da aber etwas störrisch und habe nie vergessen, dass manchmal eben viele Stunden nötig seien, um eine Geschichte richtig zu erzählen, sagte Costner in der Talkshow von Jimmy Kimmel.
Triumph mit vollem Risiko
Daran hielt er sich auch, als er sich nach Erfolgen mit „Die Unbestechlichen“, „No Way Out“, „Annies Männer“ und „Feld der Träume“ zum ersten Mal als Regisseur versuchte. Mit der Anfang der 90er-Jahre noch unerhört langen Laufzeit von 181 Minuten erzählte der Debütant in „Der mit dem Wolf tanzt“ die Geschichte eines Soldaten, der nach dem amerikanischen Bürgerkrieg auf einen einsamen Außenposten im Indianergebiet verlegt wird und mit den Einheimischen Freundschaft schließt.
Costners Risikobereitschaft und Kompromisslosigkeit zahlten sich aus: Sein Epos erhielt 1991 sieben Oscars, Costner strich zwei der Statuen für den besten Film und die beste Regie ein.
Es folgte Erfolg auf Erfolg: „Robin Hood“, „JFK“ und „Bodyguard“ etablierten Costner als Darsteller kantiger Helden, die aus Ehrgefühl oder Patriotismus heraus Kopf und Kragen für die gute Sache riskieren. Dann kam „Waterworld“. Die schwierigen Dreharbeiten trieben die Produktionskosten auf 175 Millionen US-Dollar und machten das futuristische Endzeitdrama mit Costner als Mensch-Fisch-Mutanten zum damals teuersten Film aller Zeiten. An den US-Kinokassen enttäuschte „Waterworld“ und wird gern in der Liste der größten Flops der Kinogeschichte geführt. Dabei schrieb die Produktion ungeachtet aller Häme am Ende doch noch schwarze Zahlen.
Nicht viel Zuneigung von Zuschauern und Kritikern erfuhr auch Costners zweite Regiearbeit „Postman“ (1997). Danach wurde es ruhig um ihn, woran auch sein weithin gelobter Western „Open Range“ (2003) nicht viel ändern konnte. Der Schauspieler widmete sich in den nächsten Jahren dem Familienleben mit seiner zweiten Frau Christine Baumgartner, die er 2004 geheiratet hatte, und den drei gemeinsamen Kindern.
Außerdem gründete er die Rockband Kevin Costner & Modern West, die mittlerweile zwei Alben veröffentlicht hat. So richtig auf sich aufmerksam machte Costner dann erst wieder im Fernsehen mit der 2012 ausgestrahlten Western-Miniserie „Hatfields & McCoys“. Dafür erhielt er 16 Jahre nach seiner letzten Nominierung einen Golden Globe.
Flops gefährden Comeback
2014 soll nun das Jahr des großen Comebacks mit gleich vier Filmstarts in den USA werden. Dort bleibt aber die Gegenliebe beim Publikum bislang aus. „3 Days to Kill“ hat in den USA bisher gerade einmal 30 Millionen Dollar und damit knapp die Produktionskosten eingespielt. Zum Vergleich: Liam Neeson kam mit „96 Hours“ vor fünf Jahren in den USA auf 145 Millionen. Costners Football-Drama „Draft Day“ hat die Zuschauer trotz exzellenter Kritiken bislang ebenfalls kalt gelassen – woran auch das wahrhaft grauenhafte Filmposter eine Mitschuld tragen mag – und selbst der potenzielle Blockbuster „Jack Ryan: Shadow Recruit“ mit Chris Pine blieb Anfang des Jahres mit weltweit rund 134 Millionen US-Dollar hinter den Erwartungen zurück.
Für Costner vielleicht kein Beinbruch, hat er doch wiederholt geschworen, niemals ein Sequel zu drehen. „Es ist ein langer Prozess und die Leute müssen Geduld aufbringen. Er muss sich erst einer neuen Generation vorstellen“, sagte ein Insider dem „Hollywood Reporter“ zum holprige Start von Costners Comeback. Vielleicht sollte der Filmemacher sein Schicksal einfach wieder in die eigenen Hände nehmen. Ihm schwebt derzeit eine Western-Trilogie vor, die in einem Rutsch gedreht werden soll und deren Teile an drei nationalen Feiertagen binnen eines Jahres in den USA starten sollen. Bislang ist kein Studio zu dem Wagnis bereit, wie er „collider.com“ sagte. Daran ist Costner aber gewohnt. „Alle meine Filme waren ein Kampf“, meinte er. „Ich muss rausgehen und es selber anpacken.“
Quelle: n-tv.de
Bilder: Flickr/Flickr/CC The Aspen Institute