„Männerhort“: Herren der Erschöpfung

_MN33854_2030_1400

Frauenquote, Frauenparkplätze, Frauenmagazine und dann noch die Bundeskanzlerin: Die Kerle im „Männerhort“ fühlen sich von Weibern umzingelt. Dabei wollen sie nur Fußball gucken und nicht ständig Sex haben müssen – zumindest nicht mit der eigenen Frau.


Die neue deutsche Spießigkeit hat Kachel-Couchtische und röhrende Hirsche an der Wand hinter sich gelassen und residiert in der Komödie „Männerhort“ nun in der Townhouse-Neubausiedlung. In den geklonten Wohneinheiten mit handtuchgroßem Garten und simulierter Individualität leben genervte Männer mit Online-Shopping-süchtigen Ehefrauen. Kneipen haben die Quartiersplaner in diesem sterilen Familienparadies natürlich nicht vorgesehen. Also zieht die geschundene Männlichkeit den Rückzug in den Untergrund an.

Die Rettung kommt für Eroll (Elyas M’Barek) und Lars (Christoph Maria Herbst) am Tiefpunkt ihrer Existenz in der Schlange vor der Post. Mal wieder müssen sie Berge an Retourpaketen ihrer kaufsüchtigen Frauen zurückgeben. Da erscheint Helmut (Detlev Buck) wie ein Schutzengel und weist ihnen den Weg ins gelobte Land. Im zentralen Heizungskeller ihrer Neubausiedlung in Frankfurt am Main hat der Pilot ein ganz besonderes Habitat für vom Aussterben bedrohte Männeraktivitäten geschaffen: Bundesliga auf der Großleinwand mit Dosenbier und Pizza, Kickern, ab und an ein gepflegter Joint mit Blick auf nackte Playmates an der Wand – und wenn die Alte mal wieder besonders genervt hat, wird im Videospiel Lionel Messi zu Werder Bremen verpflanzt.

Diese Männer haben Sorgen

Dass Pilot Helmut als angeblicher Vielflieger überraschend oft im Heizungskeller zu finden ist, scheint seinen Kumpels nicht aufzufallen. Die haben schließlich ihre eigenen Probleme. Software-Entwickler Eroll fühlt sich stets und überall von seiner emotional instabilen Gattin (Cosma Shiva Hagen) sexuell bedrängt. Dixi-Klo-Vertreter Lars ist zwar für jede Offerte über seine Seitensprung-App zu haben, beim Anblick seiner schwangeren Frau (Lisa Maria Potthoff) bekommt er aber feuchte Augen.

Als Facility Manager Aykut (Serkan Çetinkaya) den Männerhort entdeckt, scheint dessen Schicksal besiegelt. Denn statt eines Testosteron-Biotops sieht der Paragrafenreiter nur Fluchtwegbehinderungen und Brandgefahren. Auch zum Clubbeitritt lässt sich sich Aykut nicht bewegen. Im Gegensatz zu den deutschen Weicheiern hat er als Türke schließlich seine Frau im Griff: Ein neues Kopftuch pro Jahr und Ruhe ist! Die drei Freunde sind verzweifelt – und müssen feststellen, dass es immer noch schlimmer kommen kann.

Dass mit Franziska Meyer Price („Doctor’s Diary“) ausgerechnet eine Frau bei „Männerhort“ Regie geführt hat, überrascht nicht, auch wenn ursprünglich Detlev Buck für diese Position vorgesehen war. Die holde Männlichkeit bekommt ganz schön ihr Fett weg, vor allem in Gestalt des zwanghaften Fremdgehers Lars, der einwandfrei als Inspirationsquelle für Herbert Grönemeyers Hymne „Männer“ hätte dienen können.

Abstieg zum Fäkalienentsorger

MANNERHORT_Hauptplakat_A4_700Der Film basiert auf dem gleichnamigen Theaterstück von Kristof Magnusson. Von Kritikern war der Publikumsrenner als feinsinniges und gesellschaftskritisches Komödien-Meisterwerk gefeiert worden. An derartige Lobeshymnen reicht die Kinoverfilmung nicht ganz heran. Vielleicht ist es bezeichnend, dass der schon auf der Bühne von Herbst in bester „Stromberg“-Manier verkörperte Lars von einem Manager zu einem Chemie-Klo-Verkäufer degradiert wurde. Frauen traten in dem Bühnenstück nicht in Erscheinung – bei Hagens einfach nur unerträglicher Östrogen-Bombe Connie hätte man sich das in einigen Fällen auch für die Kinofassung gewünscht.

Nette Anekdote am Rande: M’Barek (erst in der vergangenen Woche mit dem Hacker-Film „Who Am I“ ins Kino gekommen), sollte ursprünglich den türkischen Facility Manager spielen. Der Sohn eines Tunesiers und einer Österreicherin entschied sich klugerweise für den völlig migrationshintergrundfreien Eroll, der sich zudem darüber aufregen darf, ständig von jedermann „angetürkt“ zu werden. Auf diese Weise kam denn auch YouTube-Comedian Serkan Çetinkaya („Süper Tiger Show“) zu seiner ersten großen Filmrolle. Die wird nicht seine letzte bleiben. Der studierte Jurist stiehlt mehr als einmal seinen erfahrenen Schauspielkollegen die Show.

„Männerhort“ kommt am 2. Oktober in die deutschen Kinos.

Die Filmkritik bei n-tv.de

 

(Bilder: Constantin Film)