„Rings“: Der Tod, der aus dem Display kriecht

RINGS

Mit einem Facebook-Clip hat „Rings“ bereits einen riesigen Erfolg gelandet. Gelingt der nun auch im Kino? Horrormädchen Samara mit den nassen Haaren und dem tödlichen Video ist wieder auf Opferfang. Diesmal macht es Jagd auf Studenten.


Leichte geistige Dumpfheit am Morgen ist manchmal echt von Vorteil. Zum Beispiel, wenn einem auf der Rolltreppe im Kino ein leichenblasses Mädchen mit langen, zotteligen Haaren und weißem Kleidchen entgegenfährt. Wenn dann aber das gruselige Zombie-Kind plötzlich im stockfinsteren Kinosaal neben einem Platz nimmt, funkt auch die letzte Synapse fröhlich Adrenalin ins Blut. Eine ähnliche, wenn auch sehr viel fiesere Werbeaktion verschaffte „Rings“ kurz vor dem Kinostart einen grandiosen Hit. In einem US-Elektronikmarkt kroch plötzlich Horrormädchen Samara in schönster Wasserleiche-trifft-Gollum-Manier aus einem Fernseher und erschreckte Kunden fast zu Tode. Das Video wurde binnen 24 Stunden mehr als 200 Millionen Mal auf Facebook angeschaut.

Die Werbung für den Horrorfilm ist also schon mal erste Sahne. Vielleicht wird hier auch deshalb so viel Aufwand betrieben, weil die junge Zielgruppe womöglich gar nichts mehr mit dem Filmtitel verbindet. 2002 war mit „Ring“ das US-Remake eines japanischen Horrorfilms in die Kinos gekommen und hatte sich zum Erfolg entwickelt. Drei Jahre später bekam es Naomi Watts als Journalistin erneut mit dem unheimlichen Videoband zu tun, das jedem, der es anschaut, nach genau sieben Tagen den Tod bringt. Die Fortsetzung kam nicht an den Vorgänger heran und seitdem schien das Franchise den Weg des VHS-Rekorders gegangen zu sein. Samara ist aber nicht totzukriegen und kriecht erneut aus ihrem Gruselbrunnen empor.

Grauen in schwarz-weiß

Heutzutage nennt man die Masche wohl „Clickbait“. „Schau mich an“, steht auf der Videokassette, die Biologieprofessor Gabriel (Johnny Galecki) 13 Jahre nach den Geschehnissen des letzten Films aus einem alten VHS-Rekorder vom Trödelmarkt gepult hat. Wie so viele vor ihm kann auch er nicht widerstehen und wird von den gruseligen Schwarz-Weiß-Aufnahmen in den Bann gezogen. Einige Zeit später taucht Julia (Matilda Anna Ingrid Lutz) in Gabriels Hörsaal auf. Sie sucht ihren Freund Holt (Alex Roe), der verschwunden zu sein scheint.

RINGS

Wie sich herausstellt, hat Holt das mysteriöse Video gesehen. Das war aber kein Unfall, sondern Teil eines von Gabriel geplanten, groß angelegten Experiments mit Studenten. Der Wissenschaftler will mithilfe der sehr realen Geistererscheinung eines der größten Mysterien der Menschheit beweisen. Holts sieben Tage sind aber fast schon abgelaufen und eine Kommilitonin ist gerade eines grauenhaften Todes gestorben. Julia rettet das Leben ihres Freundes, indem sie sich das Video anschaut. Doch von Anfang an ist bei ihr alles anders. Samara scheint ein besonderes Interesse an der jungen Frau zu haben und auch die entwickelt eine spezielle Faszination für das gruselige Waisenkind.

Fortsetzung mit Hindernissen

Samaras Rückkehr war keine leicht Geburt. „Rings“ war eigentlich schon im Mai 2015 abgedreht und sollte wenige Monate später in die Kinos kommen. Der Start wurde aber mehrfach verschoben. Der Oscar-prämierte Drehbuchautor Akiva Goldsman („A Beautiful Mind – Genie und Wahnsinn“) überarbeitete das Skript, im Sommer vergangenen Jahres wurden Szenen nachgedreht. Vielleicht war ja Regisseur F. Javier Gutiérrez ein wenig aus der Übung. Sein letzter Kinofilm  („Tres días“/ „Before the Fall“) liegt immerhin schon neun Jahre zurück.

Die von Naomi Watts gespielte Journalistin und Mutter Rachel Keller ist nicht mehr mit der von der Partie. Die Protagonisten – flankiert von Galecki („The Big Bang Theory“) und Vincent D’Onofrio – sind nun gut aussehende Studenten, wodurch „Rings“ mit seinem Wettlauf gegen den sicheren Tod einen starken „Final Destination“-Einschlag erhält. Es bleibt auch festzustellen, dass düstere kleine Mädchen mit strähnigem Haar dank des Erfolgs von „Ring“ zu vertrauten Figuren in Horrorfilmen geworden sind – ähnlich wie Albtraum-Puppen vom Schlage Annabelles. Es dürfte also bezweifelt werden, dass Samara auf ein junges Publikum heute noch denselben Schockeffekt hat wie vor 15 Jahren. Aber vielleicht speist sich der Horror dieses Mal eher aus dem Umstand, dass das ertränkte Kind selbst aus Smartphones und eigentlich zerstörten Laptops kriecht. Samara ist der ultimative Computervirus – und in der Cloud hört Dich niemand schreien.

Quelle: n-tv.de

Bilder: Paramount Pictures

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